
Wie man sich im Notfall richtig verhält und anderen helfen kann, haben 120 Schüler des Königsbacher Gymnasiums aus erster Hand erfahren: von Experten der Feuerwehr, des Roten Kreuzes und der Johanniter. Doch bei der Theorie blieb es nicht: Die Jugendlichen mussten selbst anpacken.
Konzentriert greifen die Schüler nach dem Tennisball: nicht direkt mit ihren Händen, sondern mit einem Gerät, das mehrere Kilogramm auf die Waage bringt und zur Ausrüstung der freiwilligen Feuerwehr in Königsbach-Stein gehört. Dort kommt der sogenannte Spreizer unter anderem zum Einsatz, um Menschen nach einem Verkehrsunfall aus einem Auto zu befreien. Mittlerweile braucht man ihn laut Thorsten Krause dank verbesserter passiver Sicherheitsmaßnahmen zwar Gott sei Dank deutlich seltener als früher. Aber dabei hat man ihn sicherheitshalber trotzdem. Der Gerätewart der Königsbach-Steiner Wehr ist beeindruckt, wie gut und wie schnell es den Kindern gelingt, mit dem schweren Gerät einen Tennisball von der Spitze eines Verkehrshütchens auf die eines anderen zu transportieren. Auch sonst zieht er ein durchweg positives Fazit zu dem Katastrophenschutztag, der den rund 120 Sechstklässlern des Königsbacher Lise-Meitner-Gymnasiums in mehreren praktischen Einheiten gezeigt hat, was im Ernstfall zu tun wäre und wie man sich darauf vorbereitet. „Es ist toll, wie begeistert und wissbegierig die Schüler sind“, sagt Lehrer Martin Neckel, der den Tag mit drei Kollegen vorbereitet hat und fest davon überzeugt ist, dass er den Kindern etwas bringt.
Dass sich neben der Königsbach-Steiner Feuerwehr auch das Königsbacher Jugendrotkreuz und die Rettungshundestaffel der Johanniter Württemberg mit großem ehrenamtlichen Engagement und viel Fachkompetenz daran beteiligen, freut ihn sehr. Alle drei geben den Schülern an mehreren Stationen direkte Einblicke in ihre Arbeit und praktische Tipps. Beim Jugendrotkreuz lernen sie unter anderem, welche Notvorräte man immer zu Hause haben sollte, welche Speisen sich auch ohne Strom zubereiten lassen, wie man eine Wunde verbindet und was zur Ausrüstung eines Ersthelfers gehört. „Die Grundidee dieses Tags ist richtig und wichtig“, sagt Juliane Schumacher, die mit vier Kollegen vor Ort ist und wertvolle Unterstützung vom Schulsanitätsdienst erhält. Als die Anfrage der Schule kam, hat das Jugendrotkreuz allein schon deshalb sofort zugesagt, um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema Bevölkerungsschutz zu lenken. Schumacher und ihre Kollegen hoffen, dass die Sechstklässler als Multiplikatoren wirken und die vermittelten Inhalte in ihre Familien tragen. Denn beim Roten Kreuz weiß man, dass auch Erwachsene mit Notlagen schnell überfordert sind. Unter den Schülern hat nicht nur Schumacher ein großes Interesse beobachtet, sondern auch Andre Lindner. Er leitet die Rettungshundestaffel der Johanniter Württemberg, die den Königsbacher Schülern mit ihren Vorführungen zeigen will, dass Bevölkerungsschutz Spaß machen kann.
Ziel ist es, junge Leute für ein Ehren- oder Hauptamt in diesem Bereich zu begeistern – erst recht, seitdem es den Zivildienst nicht mehr gibt. Dass der Katastrophenschutztag dafür verschiedene Optionen aufzeigt, findet Lindner gut. Deswegen nehmen er und seine Kollegen sich auch gern Zeit, um die zahlreichen Fragen der Schüler zu beantworten. Mit ihren Hunden trainieren sie zweimal pro Woche: mit Geräten, die sie auch in Königsbach dabei haben. Etwa mit einer Wippe, einer liegenden Leiter, einem Tunnel, einem Wackel- und Schwingbrett. Viele Gerätschaften hat auch die Königsbach-Steiner Feuerwehr auf den Pausenhof gebracht. Mit einem Spreizer dürfen die Kinder dort Tennisbälle transportieren und mit einem Strahlrohr ausprobieren, wie ein Löschangriff funktioniert. Weil bei fünf Bar Druck bis zu 230 Liter Wasser pro Minute aus dem Schlauch kommen, müssen sie ihn gut festhalten. Ebenso das Atemschutzgerät, das mehr als zehn Kilogramm wiegt und einige Schüler fast in die Knie zwingt.
„Die Kinder haben toll mitgemacht“, sagt Thorsten Kraus, der mit drei Kollegen und einem echten Einsatzfahrzeug vor Ort ist und hofft, mit der Aktion beim Nachwuchs das Interesse an der Feuerwehr geweckt zu haben. Denn er weiß, dass Sechstklässler im idealen Alter sind, um in die Jugendfeuerwehr einzutreten. Auch Direktor Hartmut Westje-Bachmann hofft, dass die Schüler durch den Katastrophenschutztag motiviert werden, sich im Rettungsdienst für die Allgemeinheit zu engagieren. Den beteiligten Organisationen ist er äußerst dankbar für ihren Einsatz, den er nicht als selbstverständlich begreift. „Ohne dieses Engagement würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren.“ Westje-Bachmann weiß, dass es für die Schüler immer ein besonderes Erlebnis ist, echte Rettungskräfte zu treffen. Daher geht er fest davon aus, dass sie inhaltlich viel mit nach Hause nehmen. – Nico Roller