Während die einen hinter den Kulissen die letzten Details für die bevorstehenden Auftritte besprechen, probieren die anderen auf der Bühne aus, wo sie später stehen werden. Auf der Technik-Empore werden unterdessen die letzten Ton- und Lichteinstellungen angepasst. Noch ist der große Saal der Remchinger Kulturhalle menschenleer, noch sind die Stühle dort unbesetzt. Doch das wird sich schon bald ändern: Wenn sich wenige Minuten später die Türen öffnen, werden um die 600 Gäste in den Saal strömen und versuchen, für sich und ihre Begleiter einen guten Platz zu ergattern. Alle sind gekommen, um zusammen mit den Abiturienten des Königsbacher Lise-Meitner-Gymnasiums eine bunte Gala mit Tanz, Musik, Spielen und festlichen Reden zu feiern. 72 Schüler haben die Abiturprüfungen bestanden – und mit 1,95 den besten Notendurchschnitt erreicht, den es an der seit rund 50 Jahren bestehenden Schule je gegeben hat. Ihnen war es wichtig, ihren Schulabschluss in einem würdevollen Rahmen zu begehen: mit Freunden, Verwandten, Mitschülern, Lehrern und Ehrengästen. Ein gebührender Abschied soll es sein: ein Abend zum Innehalten, bevor das Leben außerhalb des Klassenzimmers beginnt. „Nach neun gemeinsamen Jahren muss man einfach feiern“, sagt Amin, der zum Organisationsteam gehört und weiß, wie viel Arbeit im Vorfeld notwendig war, damit die knapp sechsstündige Veranstaltung reibungslos über die Bühne geht. Schon als sie vor zwei Jahren in die Oberstufe gekommen sind, haben sich die Schüler überlegt, welche Aufgaben anstehen und wer sie übernimmt.
Kulturhalle mieten, Finanzierung sicherstellen, Caterer beauftragen, Einladungen verschicken, Tickets verkaufen, die Abi-Zeitung erstellen und drucken lassen: Für die Schüler gab es viel zu tun. „Dahinter steckt eine Riesen-Organisation“, sagt Amin und erklärt, dass es oft ums Koordinieren ging: darum, Gruppen für die einzelnen Aufgaben zu gründen und Zuständigkeiten festzulegen. Der 19-Jährige findet es toll, dass sich alle eingebracht haben: die einen auf der Bühne, die anderen hinter den Kulissen. Zwar sei das Ganze zwischendurch „echt nervenaufreibend und anstrengend“ gewesen. „Aber jeder hat sich darauf gefreut.“ Zwei Wochen vor der Abschlussfeier haben die Abiturienten begonnen, ihre Auftritte einzustudieren: unter anderem einen Tanz im Cowboy-Stil, Spiele mit den Lehrern und mehrere Musikstücke. Für Letztere hat man eine Band gegründet, der neben Amin auch Florian angehört. Der 18-Jährige sieht in der Abschlussfeier eine gute Gelegenheit für den Jahrgang, um seine Talente zu zeigen und einiges von dem anzuwenden, was er im Lauf des Schullebens gelernt hat. Bei der Organisation der Veranstaltung mitzuwirken, bezeichnet Florian rückblickend allein schon deshalb als tolle Erfahrung, weil man lerne, Verantwortung zu übernehmen. Dass wegen des neunjährigen Gymnasiums (G9) alle volljährig sind, haben Florian und seine Kollegen als großen Vorteil empfunden, gerade mit Blick auf Verträge. Der 18-Jährige ist zwar schon der Meinung, dass die Abschlussfeier würdevoll sein und so die Wertigkeit des Abiturs als höchsten Bildungsabschluss widerspiegeln sollte. Aber er sieht darin auch keine Veranstaltung, bei der alles hundertprozentig glatt laufen und bis auf die letzte Sekunde geplant sein muss.
Spricht man mit den Schülern, dann fällt immer wieder das Wort „symbolisch“. Auch Matteo benutzt es. Für ihn ist die Abiturfeier ein wichtiges Symbol, eine Art Ritual, um den Übergang von der Schule in das Erwachsenenleben zu begehen. „Nach 13 Jahren kann man das doch nicht einfach so verpuffen lassen“, sagt der 19-Jährige, der bei der Abschlussfeier die Rede für die Abiturienten hält. Geschrieben hat er sie selbst, ohne die Hilfe künstlicher Intelligenz. Schwer gefallen ist Matteo das nicht. Weil er zwei Jahre Schülersprecher war, ist er es gewohnt, im Rampenlicht zu stehen. In seiner Rede geht es viel um Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Schulzeit, aber auch um Dankbarkeit: gegenüber Eltern, Lehrern und Freunden. „Jetzt kommt das wirkliche Leben auf Euch zu“, sagt Hartmut Westje-Bachmann zu den Abiturienten. Der Direktor des Königsbacher Gymnasiums gibt ihnen nur wenige, aber wichtige Ratschläge mit auf den Weg. Etwa den, sich nicht von Klischees, Stereotypen und Vorurteilen blenden zu lassen. Zudem fordert er die jungen Erwachsenen dazu auf, nicht nur an ihre Rechte, sondern auch an ihre Pflichten zu denken. – Nico Roller